Olga
"Ich war immer das liebe Kind..."
"Ich habe das Gefühl gehabt, dass ich immer das liebe Kind sein muss. Wenn ich lieb war, habe ich mich angenommen gefühlt. Bloß keine Schwierigkeiten haben oder Probleme. Nicht auffallen, nett sein, einen guten Eindruck machen. Hauptsache ich funktioniere.
Was sollten sonst die Anderen denken? Manches hatte ich leicht im Leben, z.B. das Lernen, das fiel mir einfach so zu. Alle mochten mich. Aber niemand fragte, wie es eigentlich in mir aussah. Auch mit meinen Eltern konnte ich darüber nicht reden. Ich konnte mich keinem richtig anvertrauen.
1991 kamen wir nach Deutschland, aus Kasachstan. Ich war 13 Jahre alt. Das war nicht leicht. In den wesentlichen und persönlichen Fragen war ich mir selbst überlassen; denn Probleme gab es ja offiziell nicht. Mit 16 Jahren hatte ich einen Freund, mit dem ich 10 Jahre zusammen war. Er war 5 Jahre älter als ich. Er nahm schon ziemlich früh Drogen. Über die Bedeutung war ich mir nicht im Klaren. Aber ich liebte ihn und wollte ihm helfen. Ich wollte ihm helfen von den Drogen los zu kommen und bin selber drauf gekommen. Das passierte nach und nach. Ich merkte gar nicht, wie sich meine eigene Sucht immer stärker breit machte. Alles drehte sich bei mir darum, wie ich ihm helfen könnte. Ich war in ein ganz schönes Helfersyndrom geraten. Mein eigenes Suchtproblem verleugnete ich vor mir selbst und vor anderen. Es ging immer um ihn. Ich musste ja ok sein, lieb sein. Hatte ich zunächst nur so mit Drogen rumexperimentiert, merkte ich nach einer Zeit, dass es ohne gar nicht mehr geht. Das lief etwa 9 Jahre so.
Mein Freund wurde straffällig und bekam vom Gericht die Auflage, entweder Therapie oder Knast. So machte ich mich auf die Suche nach einem Therapieplatz für ihn. In der Szene lernte ich Leute kennen, die mal drauf waren wie wir, jetzt aber clean waren. Sie hatten im Neuen Land Therapie gemacht. Sie hatten offene Arme für mich. Sie waren herzlich und offen. Ich konnte mich endlich jemandem anvertrauen und meine Sucht eingestehen. Ich kam auch mit den Mitarbeitern des Neuen Landes ins Gespräch und ich entschied mich, genau wie mein Freund in Therapie zu gehen. Ich wollte so eine Therapie wie im Neuen Land. Leider gab es noch keine Frauen-Therapie im Neuen Land und so ging ich in eine andere christliche Therapie. Im Auffanghaus des Neuen Landes wurde ich auf die Therapie vorbereitet und dann ging's weiter.
Dort angekommen, atmete ich so richtig durch. Der Abstand von meinem Freund tat mir gut. Er war im Neuen Land ebenfalls zur Therapie. Da wusste ich ihn in guten Händen.
Aber nun musste ich mich mit mir selbst beschäftigen. Das war nicht leicht, da ich das überhaupt nicht gewohnt war. Ich hatte es schwer, andere an mich ranzulassen, aber es ging. Ich erlebte mich angenommen. Ich verstand, dass ich nicht mehr perfekt sein musste und konnte mich auch mit meinen Fehlern annehmen. Und ich lernte zu reden und dass ich nicht immer alles ansammeln darf. Mit der Zeit verstand ich: das ich nicht allein bin. Da ist jemand, der für mich ist und der mich genau so annimmt, wie ich bin, noch so schwach und mit noch so vielen Fehlern. Ich lernte Gott kennen und bekam immer mehr Hunger nach Ihm. Ich wollte meine Schuld loswerden, meinen ganzen Ballast nicht mehr tragen müssen und wollte auch wissen, dass ich gerettet bin. Ich wagte den Schritt und habe mich und mein Leben Jesus gegeben. Das war so befreiend, so erlösend und ich wusste, jetzt bin ich errettet. Frieden kam in mein Herz. Ich war in meinem inneren Zuhause angekommen, bei Gott. Ich war zur Ruhe gekommen und irgendwie war ich ein ganz anderer Mensch. Zwar die originale Olga, aber doch nicht mehr dieselbe. Ich bin immer noch dabei, vieles zu lernen, zu reden, mit vielem umzugehen. Ich habe noch weiter Schwierigkeiten. Aber ich merke, dass ich damit nicht mehr allein zu sein brauche und dass Gott mich fest an seiner Hand hält und mich führt. Er erhört mein Gebet. ER ist immer treuer als ich es bin. Ich bin nicht mehr allein auf mich selbst gestellt. Ich habe IHN!
Gott hat mein inneres "Pfui" gereinigt und vergeben und äußerlich darf ich die sein, die ich wirklich bin. Das erlebe ich immer wieder neu.
Im Neuen Land mache ich an verschiedenen Stellen mit, z.B. in der "Russischen Gruppe" oder im Auffanghaus für Frauen in der Lange-Hop-Straße. Ich freue mich, dass ich weiterhin helfen darf, aber auch dabei bin ich nicht allein."
Olga (im Sommer 2005)
Оля
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Мне всегда почемуто казалось, что я должна быть послушной девочкой. Если я была хорошей, тогда я чувствовала себя принятой. Главное никаких сложностей и проблем.